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Review der US-Version


von Greg

 
 

 
  Wenn man einen Zocker nach seinem Lieblings Japano-RPG fragt, dann bekommt man in den meisten Fällen Final Fantasy zu hören. Stellt man diese Frage in Japan, dann lautet die Antwort Dragon Quest. Sinn dieser Übung? Ich will uns allen kurz in Gedächtnis rufen, dass der Rollenspieler an sich ein Gewohnheits-Tier ist. Klar, es gibt exzellente und beliebte RPGs ohne irgendwelche Fortsetzungen, aber mal ganz ehrlich, wir lieben sie nicht so sehr wie "unsere" Serien. Sie sind wie die besten Freunde, die einen das ganze Leben über begleiten, man verbindet Ereignisse aus der Vergangenheit mit ihnen, kurzum, sie sind ein Teil unserer eigenen Geschichte. Dies lässt sich natürlich am besten auf Final Fantasy und Dragon Quest münzen, mit über 20 Jahren und Dutzenden von Titeln auf dem Buckel hat der eine oder andere Genre-Fan auf irgend eine Art mit ihnen Kontakt gehabt. Doch was ist mit der zweiten Garde? Die einfach nicht die Zeit hatte, sich diesen "Kredit" bei den Fans aufzubauen?

Für mich gibt es zwei Serien, die einen besonderen Platz bei mir einnehmen. Zu einem haben wir Breath of Fire, Capcoms stimmungsvolle Reihe um Drachen, Götter und religöse Fanatiker. Deren Umfang ist bei weitem nicht so groß wie bei den Genre-Platzhirschen, aber ich verbinde mit Breath of Fire III beispielsweise mindestens genau so viel wie mit Final Fantasy VII. Neben dem Drachen-Epos existiert noch eine Serie, die ich ebenso "ins Herz geschlossen" habe ... Suikoden.

Ich kann mich genau erinnern, ich habe mir das erste Suikoden im Sommer 1997 gekauft, für meine damals noch frische PlayStation. Ich war gerade in den Abiturprüfungen und hatte ein paar Wochen Zeit bis zu meinem letzten mündlichen Test, da kam mir das Spiel natürlich gerade recht. Was das Beste an der ganzen Chose war? Es machte echt Spaß! Die politisch-geprägte Story war mal was anderes, die Technik schwebte zwischen 16-Bit und "Nextgen-CD Glanz", die Musik war von anderen Stern ... ich hab es genossen. Noch besser wurde es bei Teil 2 einige Jahre später. Im Grunde ein erweitertes Remake des Erstlings mit neuer Story, nahm es alle positiven Eigenschaften und schraubte sie kraftig nach oben. Wer meinen "Beste Rollenspiele ever!"-Artikel kennt weiss, wie's ausgegangen ist ... ich habe es auf Platz 1 gesetzt, vor Final Fantasy VI, sogar vor Chrono Trigger. Mit dementsprechend hohen Erwartungen bin ich dann schließlich an Suikoden III herangegangen ...

Das Spiel kam Ende 2002 als US-Version heraus. Dies war eine für Japano-Rollenspiele recht knifflige Zeit: Die PS2 war schon ein paar Jahre auf den Markt, bis auf einige rühmliche Ausnahmen bliebt das Japano-RPG Angebot leider weit hinter den Erwartungen zurück. Da kam mir Suikoden III gerade recht, denn was kann beim Sequel zu meinem persönlichen Lieblings-Rollenspiel denn schon alles schiefgehen? Leider jede Menge, wie ich feststellen musste.

Bevor ich mit Teil 3 anfing dachte ich, dass ich auf einem Nenner mit den Entwicklern der Serie bin. Dass ich kapiert habe, was Suikoden ausmacht. Für mich zeichnete die Serie nämlich nie durch ihr Gameplay aus. Klar, die Grundstruktur einen klassichen Japano-RPGs war vorhanden, drängte sich aber nie so sehr in den Vordergrund, dass sie zum Mittelpunkt des Spieles wurde. Das Kampfsystem war nur ein Mittel zum Zweck, die normalen Encounter waren rasend schnell vorbei, nur bei den Bossen musste man überlegen ... ideal für Suikoden. Kleine Details wie die 1-zu-1 Duelle, strategische Massenschlachten und Hunderte von spielbaren Charakteren lockerten den Spielablauf auf, sonst war Tradition pur angesagt.

Was Suikoden aber so besonders machte ist die Liebe zum Detail. Bunte Anime-Grafik in 2D war zwar nichts Neues, aber selten wurde sie so effektiv wie in Teil 2 eingesetzt, jeder Screen, jedes Situation war wie ein kleines Gemälde. Dazu kamen brauchbare Animationen und die echt gute Musik, schwupps war eine der stimmungsvollsten RPG-Welten geschaffen. Trotz aller grafischen Pracht war das Herz des Serie aber ein anderes, nämlich das Charakterdesign. Suikoden bot in jedem Spiel Hunderte von neuen Figuren, die selbst in den Nebenrollen was Besonderes an sich hatten, auch wenn es nur eine Kleinigkeit war. Jeder erinnert sich an die beiden Kriegsveteranen Flik und Viktor, an den besten Kumpel Jowy, Schwester Nanami und den durchgeknallten Meister des Bösen, Luca Blight. Die dicht-gewebte Storyline mit ihren zahlreichen Wendungen und der überraschend großen Tragweite tat ihr Übriges. Um es auf einen Nenner zu brigen: Suikoden ist das Anti-Rollenspiel für den Gameplay-Fanatiker. Die spielerische Substanz wurde mit Absicht so weit runtergefahren, um sich nicht mit den anderen Features zu beißes. Es war Balsam für die kleine Grafik-Hure in uns allen, die sonst stets Prügel einstecken muss. Endlich konnte man die Stimmung genießen, ohne sich darüber aufzuregen dass die Battle-Engine "zu flach" ist. Das ist Suikoden ... jedenfalls dachte ich es.

Suikoden III fängt eigentlich ganz vielversprechend an. Gut eingestimmt vom wohl besten Anime-Intro der RPG-Geschichte begrüßt einen gleich zu Beginn eine interessante Neuerung: Das Trinity-System. Frei nach Wild ARMs gibt es diesmal gleich drei Hauptcharaktere, aus deren Sicht man die Storyline durchspielen kann, Wann und wie man die einzelnen Kapitel durchzockt bleibt meistens einem selbst überlassen, an bestimmten Stellen überschneiden sich dann eure Wege und ihr macht euch auf gemeinsam auf den Weg. Sobald man sich entschieden hat, folgt sogleich auch die Ernüchterung ...

Das erste Mal in der Geschichte von Suikoden wurde auf 2D-Grafik verzichtet, passend zur damaligen Konkurrenz hat mal auch hier den Sprung in die 3D-Polygonwelt gewagt, mit leider recht bescheidenen Ergebnissen. Wo früher einem die Details ins Auge sprangen sind jetzt matschige Texturen, die Farben gehen oft in einem Brei unter, die Framerate jagt über das ganze Spektrum hin und her, insgesamt bleibt nicht so viel vom Glanz der alten Tage über. Man erkennt deutlich dass hier Leute aus dem 2D-Metier sich ohne allzu viel Erfahrung an 3D versucht haben, mit immerhin noch respektablen Ergebnissen, aber für Suikoden total ungenügend. Dies ist gleich doppelt schade, denn im selben Jahr gab es mit Dark Chronicle ein Spiel, welches vom Look her perfekt zu "Suikoden in 3D" gepasst hätte, man kann es also nicht auf den damaligen Stand der Technik schieben. Dazu kommt dass die Komponisten der alten Suikoden-Teile Konami kurz zuvor verlassen hatten, so dass die Musik ebenfalls nicht an die alten Teile anknüpfen kann. Mit Ausnahme des exzellenten Intro-Themes klingt der Sound meist ziemlich flach und dröge, nehmen wir dazu die nicht vorhandene Sprachausgabe und fertig ist die mittelschwere Design-Enttäuschung. Strike 1 für Suikoden III.

Diesen Malus hätte ich noch halbwegs verschmerzen können wenn wenigstens der Rest gestimmt hätte, aber auch da gab es leider nur die goldene Himbeere. Die Charaktere von Suikoden III sind durchaus gelungen, es gibt eine Menge erinnerungswürdige Figuren. die ihren ganz eigenen Charme mitbrigen ... leider macht dies bei den Hauptfiguren Schluss. Man spielt wie gesagt gleich drei verschiedene Rollen, zu einem ist da der Nomadenkrieger Hugo, dazu kommt Rittmeisterin Chris sowie der Söldner Geddoe. All diese sind von Beginn an ausgearbeitete Figuren mit eigenen Motivationen und Dialogen, sprich, der "stumme Diener" aus den alten Teilen ist passe. Leider ist das Spiel so strukturiert, dass gegen Mitte ein ganz bestimmter Twist deren Charakter-Entwicklung beinahe komplett anhält. Glaubt mir, mit "Abziehbildern" durch die Welt zu marschieren macht echt keinen Spaß, vor allem nachdem man sich emotional über so lange Zeit an die Figuren gebunden hat. Dazu kommt das zum Haare raufende, ultra-langsame Pacing der Story. An sich war es ja eine coole Idee die gleiche Geschichte gleich drei Mal aus verschiedenen Perspektive zu zeigen, nur bremst dies den Ablauf so sehr auf Schneckentempo, dass einem beinahe das Hirn wegschmilzt. Dies ist wirklich schade, denn die Struktur für ein echt spannendes Abenteuer inkl. tollem Bösewicht ist vorhanden, nur leider geht sie dank der "ein Schritte vor, zwei Schritte zurück"-Mentalität fast total unter. Mit knapp 70 bis 80 Spielstunden geht Suikoden III fast drei mal so lange wie die Vorgänger, davon ist mindestens die Hälfte Leerlauf ... Strike 2.

Last but not least haben wir Punkt 3, der Suikoden III entgültig das Genick bricht ... das Gameplay. Ich weiss, vorhin habe ich lang und breit erklärt, dass Gameplay nicht das entscheidende Feature der Suikoden-Reihe ist. Dies gilt aber nur so lange wie es sich nicht in den Weg der anderen "Tugenden" stellt, was hier nun mal nicht der Fall ist. Suikoden III bringt nämlich entliche Schnitzer mit, welche das Zocken oft zur Tortur ausarten lassen. Schauen wir uns erstmal das Kampfsystem an. Dort wurde im Sinne von "alles Neu macht Teil 3!" eine Art von Teamsystem eingeführt, welches absolut keinen Sinn macht. Ihr kämpft wie gehabt mit einer Party von sechs Leuten gleichzeitig und gebt euren Gegnern rundenbasiert ordentlich Zunder. Anstatt jedoch jeden eurer Charaktere separat zu steuern, werden diese in drei Zweier-Gruppen zusammengefasst, die jeweils einen Befehl ausführen können. Dies hat den Vorteil, dass Heilmagien und sonstige Hilfsmittel sich auf die komplette Gruppe beziehen können, spart also schön Ressourcen, im Endeffekt fehlen euch aber die Hälfte eurer Aktionen und Kämpfen artet zum Glückspiel aus. Gerade Bosse werden unnötig schwer, wenn ihr mal verschiedene Dinge mit einer Gruppe machen wollt, die aber partout entweder nur Angreifen oder Heilen wollen. Wer dem Ganzen jetzt hier nicht so direkt folgen konnte sei gesagt, das Teamfeature nervt und bringt spielerisch rein garnichts, außer Zeit zu kosten.

Das andere Gameplay-Manko sind die Dungeons, wo man auch merkt dass 2D-Leute am Spieldesign saßen. Die meisten Gebiete die man besucht sind reine Schläuche, Marke "gehe von Punkt A zum Punkt B" und bestreite unzählige Kämpfe. In 2D kann mann so was noch durch interessant gestaltete Wege gut kaschieren, hier wirkt es wie Rollband-Fahren am Flughafen, gerade weil man die ewig gleichen Dungeons mit allen Charakteren merhfach hin und zurück latschen muss, da die Weltkarte einen nicht bereits geschaffte Gebiete überspringen lässt ... Spielzeitstreckung pur. Neben diesen zwei großen Gameplaymankos gibt es noch einige Kleinigkeiten, die ebenfalls nicht so richtig passen oder unzureichend verbessert wurden. Genannt seien da das mal wieder lahmarschige Equipmentsystem und total unbalancierte Story-Kämpfe, die von der Story diktiert werden und plötzlich doppelt so schwer sind wie der Rest. Um es auf einen Nenner zu bringen: Ging bei den alten Suikoden-Teilen das Gameplay geschickt aus dem Weg für Story und Atmo, wirft es bei Teil 3 einem noch unnötigerweise einen Stock in die Speichen... Strike 3 und Aus.

Uff, dieser Exkurs durch die "Eingeweide" der Suikoden-Serie war lang, also Dank an alle die bis hierhin gelesen haben, aber ich musste mir das Alles mal von der Seele reden, Ich wollte mit diesem Text hier einfangen was Suikoden für mich als Zocker bedeutet hat und wie sehr mich Suikoden III einfach nur enttäuscht hat. Das Spiel damals durchzuspielen hat mich fast so viel Zähneknirschen gekostet wie Skies of Arcadia, der kleine Glimmer an Hoffnung dass es endlich "richtig losgeht" hat mich drangehalten bis ich nach dem Ende entnervt und erschöpft zusammengesackt bin. Objektiv gesehen ist eigentlich alles drin für ein gutes Rollenspiel, nur ist es tief vergraben im Matsch der Technik-Makel und unglücklicher Designentscheidungen. Es schmerzt mich für ein Suikoden diese derart tiefe Wertung zu zücken, aber ich komme leider nicht umhin. Ich habe kürzlich versucht es nochmal durchzuspielen, allein mal um zu sehen ob sich mein extrem harscher Eindruck von damals bestätigt, was er leider gemacht hat. Immerhin, ich bin jetzt etwas offener den Charakteren gegenüber, nicht jede Suikoden-Figur muss auf einem Niveau mit Jowy und Nanami stehen, aber der Rest hat es mir einfach gegeben.

Das persönlich enttäuschendste an meiner Suikoden III-Erfahrung aber war, dass mir klar wurde dass die Macher der Serie nicht in der Form über Suikoden denken wie ich es tue. Ich dachte ich hätte den Grundgedanken der Serie erfaßt, aber nachdem Teil 3 das erste mal "von den Gleisen sprang" war Suikoden einfach nicht mehr das Selbe. Teil 4 setzte an der falschen Stelle an und machte aus dem Spiel eine uninspirierte Freibeuter-Mär. Teil 5 kopierte "mein" Suikoden II in Sachen Look, Story und Charaktere beinahe so exakt, dass es wie eine Karikatur von Suikoden rüberkam anstatt selber Zeichen zu setzen. Das ich nicht der Einzige bin dem Suikoden so entglitten ist zeigt die Tatsache, dass weder Kritiker-Lob noch Verkaufszahlen auf dem Niveau sind, um eine langfristige Fortsetzung der Serie alá Final Fantasy zu garantieren. Selbst die hartgesottensten Fans halten neue Spiele nur auf Konsolen wie der Wii oder dem DS möglich, und genau das ist es, was wir bekommen werden. Schade ...

  Fazit : Wer Suikoden I und II liebte ... wird Suikoden III hassen. Vom Grundgedanken her ein echt interessantes RPG, geht es in massenweise Unzulänglichkeiten und falscher Designentscheidungen unter. Wer es unbedingt erzwingen will kann seinen Spaß mit dem Spiel haben, keine Frage, nette Charaktere und ein interessanter Plot laden zum Zocken ein. Dem gegenüber stehen jedoch nur durchschnittliche Technik, verkorkstes Dungeondesign und Kampfsystem sowie eine unendlich langatmig erzählte Geschichte. Die durchschnittliche Spieldauer beträgt knapp 70 Stunden, es hätte aber auch locker nur die Hälfte sein können.
 

 
 

 
Grafik       

Sound      

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