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Achja, der Dreamcast. So herausragend Segas letzte Konsole in vielen Genres auch war, als Rollenspieler musste man sich größtenteils mit Schonkost zufrieden geben. Klar, an die Highlights Marke Grandia 2 oder auch Skies of Arcadia erinnert sich jeder, aber das Grundgerüst bestand leider nur aus Durchschnittsware. Nichtsdestotrotz, wer sich mal getraut hat etwas tiefer zu graben hat die eine oder andere Perle zu Tage gefördert. Eine dieser Perlen: Elemental Gimmick Gear. Zur Jahrtausendwende als US-Version erschienen, machte EGG schnell die Runde als Geheimtipp unter den Importlern und musste sich mit diesem Status leider auch zufriedengeben, da wir leider nie eine PAL-Fassung spendiert bekamen. Gehen wir doch gleich mal ans Eingemachte...
Elemental Gimmick Gear ist ein waschechtes Action-Adventure im klassischen Zelda-Stil. Entwickelt von den ehemaligen Machern von Landstalker und Alundra, besannen diese sich ein letztes Mal auf ihre gute, alte 2D Design-Schule. Dabei sind gerade die Parallelen zu Alundra nicht zu übersehen: Hier wie da haben wir ein hübsch-anzuschauendes Abenteuer aus der Top-Down Sicht, ausgestattet mit einer erstaunlich humorfreien Story und teilweise sehr knackigem Schwierigkeitsgrad. EGG versetzt euch in eine ferne Endzeit-Welt, in der es der Menschheit garnicht gut geht. Der Zivilisation wurde kürzlich der Boden gleichgemacht, und keiner weiss so richtig warum. Ihr spielt einen mysteriösen "Schläfer", der anscheinend mehrere tausend Jahre in einer Kältekammer verbracht hat. Dieser wacht urplötzlich auf, kann sich aber (oh Wunder!) an nichts mehr erinnern. Das Einzige was ihm bekannt vorkommt ist der Roboteranzug neben ihm, in den er sogleich einsteigt und loszieht, um sein Gedächtnis wieder zu erlangen.
Letztenendes seit ihr zwar eigentlich ein Mensch mit einem Anzug, aber ihr verlasst euer Metall-Kleid so selten, dass ihr eigentlich auch locker als knuffiger Android durchgeht. Der Anzug selbst nämlich sieht eher weniger nach "tödlichem Super-Roboter" aus, stattdessen erinnert er ein Ei auf Stelzen. Der Clou dabei: Ihr könnt ganz Metroid-like eure Extremitäten einfahren und als Killerkugel über den Bildschirm rasen. Abgesehen davon ist der Anzug eher konventionell ausgestattet, mit euren Gnubbel-Armen haut ihr die Gegner zu Klump, was sich wegen der extrem geringen Reichweite oft recht schwierig gestaltet. Im Laufe des Spieles stolpert ihr zwar über Upgrades wie einen ausfahrbaren Greif-Arm, diese machen für den Kampf aber nicht immer Sinn, so dass ihr euch im Endeffekt mit euren Limitationen arrangieren müßt. In den ersten Stunden nerven diese Umstände zwar noch, aber mit zunehmender Spieldauer gewöhnt man sich dran. Leichter wird eure Aufgabe dadurch zwar nicht, aber es bleibt angenehm fordernd und stets fair.
Eure Hauptaufgabe besteht nun aus Besuchen ehemals stillgelegter Ruinen. Die mögen zwar steinalt sein, strotzen aber nur so vor herumfleuchendem Getier und mechanischen Apparaten. Passend dazu ist natürlich auch alles mit Rätseln vollgestopft, die eure Denkmurmel zum Rauchen bringen. Es funktioniert eigentlich alles genau wie bei Zelda: In den Dungeons verdient ihr euch neue Items und schaltet Story-Abschnitte frei, die euch Zugang zu anderen Gebieten ermöglichen, wo das Spielchen von vorne losgeht. Durch das recht einzigartige Endzeit-Setting ist dabei selten Langeweile angesagt, es gibt stets was Neues zu entdecken. Die Dungeons sind teilweise extrem weitläufig und knifflig aufgebaut, was aber zum knackigen Gegner-Design passt und auf die Art ziemlich förderlich für die Stimmung ist. Es hat einfach was, diese permanente Anspannung im Nacken zu haben und dann mit coolen Überraschungen entlohnt zu werden. Dies mag zwar nicht jedermanns Sache sein, aber wer sich darauf einlässt bekommt vom Spiel auch einiges zurück.
Lasst uns mal über die Technik reden. Elemental Gimmick Gear spielt wie gesagt permanent aus der TopDown-Sicht, man sieht alles wie bei Zelda aus einer leicht-erhöhten Perspektive. Polygone kommen hier kaum zum Einsatz: mit Ausnahme von ein paar Effekten und Bossfights wurde durchweg alles im Spiel vom Computer gerendert. Dies ist natürlich ein Unterschied zu den handgezeichneten Kollegen, aber es passt zum Spiel und trägt immens zur Stimmung bei. Alles schaut ein wenig dreckiger, künstlicher aus, ist aber dennoch detailliert und oft richtig beeindruckend. Der Dreamcast kommt dabei sicher nicht ins Schwitzen, aber das ist hier sowieso nicht gefragt. Die Musik reiht sich nahtlos in die düstere Stimmung die Grafik und Setting erzeugen ein und spult jede Menge melancholische Tracks vom Band. Eine runde Angelegenheit.
Alles in allem ist Elemental Gimmick Gear, wie Eingangs schon gesagt, wirklich eine kleine Perle im oft mageren Rollenspiel-Lineup des Dreamcast. Gute 2D-Adventures ohne grünbemützte Elfenjungen in der Hauptrolle sind selten genug, vor allem wenn sie dann auch ohne den Genre-typischen Klamauk auskommen. Darüberhinaus sollten gerade Alundra-Fans auf das Spiel einlassen, denn EGG ist eine passendere Fortsetzung als das später tatsächlich erschienene Alundra 2. Wenn man nichts gegen knackig-schwere Spiele mit vielen coolen Details hat sollte man sich Elemental Gimmick Gear nicht entgehen lassen.
Fazit : Elemental Gimmick Gear lässt sich schön auf einen Satz reduzieren: Alundra in der fernen Zukunft. Die Macher des beliebten Zelda-Klons haben ein echt gelungenes Action-Adventure für den Dreamcast gebastelt, welches sich komplett auf dessen Tugenden besinnt. Es gibt ein einzigartiges Setting mit passender Optik, die Story bleibt ungewöhnlich ernst und man kriegt echt knackige Rätsel und Gegner vor die Nase gesetzt. Manche könnten sich am permanent hohen Schwierigkeitsgrad stören, wer damit aber leben kann kriegt ein echt feines Spielchen vor die Flinte.
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