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Review der US-Version


von Greg

 
 

 
  Immer wenn Nintendo neue Konsolen-Hardware auf den Markt wirft darf man sich als Fan von ungewöhnlichen Spielkonzepten freuen, denn mit jeder Bongo-Trommel, jedem Mikrofon oder Tilt-Sensor steigt die Möglichkeit, dass man auch hierzulande in den Genuß ehemals Japan-exklusiver Titel kommt. Dies gilt insbesondere für den Nintendo DS, der mit seinen 2 Bildschirmen und der Touchscreen-Eingabe geradezu prädestiniert für innovatives Spielefutter ist. Dieser Umstand ist auch den werten Leuten bei Capcom nicht entgangen, so daß man sich dort zur Entwicklung eines aufgepeppten Remakes des ersten Teiles ihrer überaus erfolgreichen GameBoy Advance Adventure-Reihe Gyakuten Saiban für den DS entschloss. Im September 2005 war es dann schließlich soweit und die japanischen DS-Besitzer durften das Spiel unter dem Namen Gyakuten Saiban: Yomigaeru Gyakuten in Empfang nehmen, nur einen knappen Monat später freuten sich die US-Spieler sowie die hiesigen Importler über das komplett übersetzte Phoenix Wright: Ace Attorney.

Genug aber der Vorworte, stürzen wir uns gleich ins Vergnügen. Ihr schlüpft in die Rolle des Namensgebers Phoenix Wright, seines Zeichens frischgebackener Anwalt und Junior-Partner einer aufstrebenden Kanzlei. Sein erster Arbeitstag verläuft aber nicht ganz so wie gewünscht für ihn, denn anstatt sich beim Bürobedarf mit Heftklammern einzudecken und Akten zu sortieren darf kriegt er es gleich mit einem Mordprozess zu tun. Sein bester Freund Larry Butz steht verzweifelt vor ihm und beteuert, entgegen aller Beweismittel und Zeugenaussagen, seine Ex-Freundin nicht umgebracht zu haben. Trotz seiner schlotternden Knie macht Phoenix sich auf, die Unschuld Larrys zu beweisen ... ab hier greifen wir endlich ins Spiel ein.

Das Gameplay von Phoenix Wright lässt sich in 2 grobe Bereiche einteilen. Zu einem spielt es sich wie ein klassisches Adventure, bei dem wir zur Vorbereitung auf die anstehende Gerichtsverhandlung den Tatort untersuchen, Beweismittel sicherstellen, Zeugenaussagen aufnehmen etc., das alles wird bequem per Touchscreen bewerkstelligt und geht locker von der Hand. Hat man den entsprechenden Storypunkt erreicht und sein Inventory mit den benötigten Items gefüllt geht es ans Eingemachte, sprich, in den Gerichtssaal, wo das Spiel nun richtig in Fahrt kommt. Die Staatsanwaltschaft ruft die verschiedensten Leute in den Zeugenstand und nun liegt es an uns mit geschicktem Nachbohren und Vergleichen der Beweismittel die Widersprüche in den Aussagen ausfindig zu machen. Hat man die Schwachstelle entdeckt, knallt man der selbstsicheren Anklage einen kräftigen Einspruch entgegen, bringt die Zeugen ins Wanken und tastet sich langsam aber sicher in Richtung Wahrheit heran ... und das mit teilweise saukomischen und superspannenden Szenen gespickt.

Insbesondere im Bereich der Storylines und dem Charakterdesign brilliert Phoenix Wright geradezu. Die Fälle mit denen es man zu tun bekommt sind fein ausgearbeitet und die Geheimnisse nicht auf den ersten Blick ersichtlich, so daß man sich mit Spannung von Schritt zu Schritt arbeitet und die somit erreichten Erkenntnisse auch zu einem aufrichtigen "Aha!-Erlebnis" werden. Dies wird unterstützt durch einige der besten Videogame-Charaktere der letzten Jahre, welche reichlich Zeit und viel vom erstklassig übersetzten Text zur Bildung ihrer Persönlichkeit überlassen bekommen haben. Gerade die wiederkehrenden Figuren wie der knautschige Detektiv Gumshoe oder der gerissene Staatsanwalt Edgeworth wachsen einem von Fall zu Fall immer mehr ans Herz, so daß man mit ihnen mitleidet oder sie im Gegenzug auch mal zum Teufel wünscht, eine derartige Bindung habe ich seit den seeligen Suikoden 2-Zeiten nicht mehr vor der Konsole erlebt. Einen großen Teil zu diesem Umstand trägt die wie schon erwähnt wirklich hervorragende englische Übersetzung bei, die mit cleveren Wortspielen und geschickt an die westliche Welt angepassten Dialogen den Lesefluß konstant beibehält und sich nicht zu schade für ein paar aberwitzige Gags ist: Das Zusammentreffen mit einem "Fanboy", welcher einen mit Leetspeak zuschüttet und das darauffolgende Gespräch haben mich wortwörtlich auf den Boden befördert und laut loslachen lassen.

Im technischen Bereich macht Phoenix Wright verglichen mit dem Rest keine allzu großen Sprünge. Die Grafik besteht auf dem oberen Screen größtenteils aus statischen Hintergründen, vor denen sich bildschirmgroße Charaktere im Manga-Look mit einer Handvoll Animationsphasen bewegen, der Touchscreen ist meist auf simple Icons zum Weiterschalten des Textes, Multiple-Choice Antworten und das Inventory beschränkt. Wer Lust hat kann seine Einsprüche an ausgewählten Stellen ins Mikrofon brüllen, was sich aber nach dem x-ten "Objection!" recht schnell abnutzt und nicht mehr wirklich vor dem Ofen hervorlockt. Der Mangel an technischen Schmankerln ist in gewissem Maße verständlich, da Phoenix Wright im Grunde genommen ein leicht aufpolierter Port eines 4 Jahre alten GameBoy-Advance Spieles ist und sich Capcom wohl kaum die Mühe einer Generalüberholung macht ... denkste! Hat man nämlich den vierten und letzten Fall der GBA-Vorlage gelöst und den Abspann genossen, wartet auf einen eine komplett neue DS-Episode, die im Hinblick auf die Fähigkeiten von Nintendos Handheld entwickelt wurde. Dort wird dann kräftig Gebrauch von der 3D-Grafik für flüssig animierte Videobänder und untersuchbare Polygonmodelle des Inventories gemacht, der Touchscreen und das Mikro werden zu wichtigen Werkzeugen zum Aufspüren unsichtbarer Blutlachen und dem Nehmen von Fingerabdrücken. So tröstet die letzte Episode etwas über die sonst brachliegenden DS-Features hinweg und hinterlässt ein durchaus positiven Eindruck, der Hunger auf weitere clevere Features bei den möglichen Nachfolgern macht. Soundtechnisch leidet Phoenix Wright etwas unter dem repetiven Einsatz einiger Titel was in vielen Situation leicht eintönig wirken mag, aber die Kompositionen sind erste Sahne und tragen ungemein viel zur Atmosphäre bei. Der Soundtrack ist jedenfalls mein persönlicher Handheld-Favorit und dreht sich regelmäßg in meiner Playlist.

Abschließend möchte ich Capcom einerseits Danken und andererseits zum Teufel wünschen. Sie haben mit Phoenix Wright ein derart simpel gestricktes Konzept in ein strunzlineares Spiel verpackt und dennoch eines der einnehmendsten Spiele der letzten Jahre geschaffen. Ein Schwierigkeitsgrad an sich ist nicht wirklich vorhanden, da man durch das enge Storykorsett keine wichtigen Items verpassen kann und die einzige Möglichkeit zu "sterben" (indem man sich während der Verhandlung Verwarnungen für falsche Einsprüche holt) komplett durch beliebig einsetzbare Quicksaves ausgehebelt wird. Dennoch hat man einen unabdingbaren Drang sich von Geheimnis zu Geheimnis zu arbeiten und spürt Freude beim Lösen der Rätsel. Dazu kommt dass die Dauer und Komplexität von Fall zu Fall immer mehr zunimmt: Ist der erste Fall nicht viel mehr als ein 1 bis 2 Stunden langes Tutorial, wird man beim letzten Fall durch 10+ Stunden und massenhaft Wendungen gejagt, so daß man immer wieder aufs Neue gefordert wird und keine Langeweile aufkommen kann. Wer auf den Geschmack gekommen ist und auf den Gerichts-Part verzichten kann schaut sich nach Famicom Detective Club Part 2 für das Super NES um, von dem seit einiger Zeit eine sehr gelungene Fan-Übersetzung existiert. Mir bleibt jetzt nicht viel mehr als zu warten und das Web periodisch nach der Ankündigung für Teil 2 zu durchsuchen ... verflucht seist du Capcom, verflucht!

  Fazit : Sehr gradliniger Grafik-Adventure Mix aus Matlock und Detektiv Conan, mit aberwitzigen Dialogen, tollem Charadesign und spannenden Gerichtsverhandlungen. Technisch etwas limitiert durch die Wurzeln als ehemaliges GameBoy Advance-Spiel, lässt Phoenix Wright im DS-exklusiven Inhalt die Muskeln spielen und beweist cleveren Umgang mit den Touchscreen- und Mikrofon-Features. Durch die für ein Handheld-Adventure extrem lange Spieldauer von über 20 Stunden ein sicherer Garant für kurzweilige Bahnfahrten auf Monate hinaus.
 

 
 

 
Grafik       

Sound      

Spielspaß