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Review der englischen PAL-Version


von Greg

 
 

 
  Ich geb's ja zu: Was rein für Computer entwickelte Rollenspiele angeht bin ich nicht so bewandert wie beim Konsolen-exklusiven Äquivalent. Ich hatte meine "Taufe" zwar seinerzeit am C-64 mit Titeln wie Ultima, Pools of Radiance, Countdown to Doomsday, mangels PC bin ich aber früh auf Japano-RPGs umgeschwenkt und habe seitdem nur selten über den Tellerrand geschaut. In den letzten Jahren sind die Grenzen jedoch immer mehr aufgeweicht, denn seitdem die Publisher aus Europa und den Staaten Konsolen als lukrative RPG-Plattform entdeckt haben bin auch ich mit dem Genre wieder warm geworden. Mass Effect von Bioware beispielsweise war lange Zeit sogar mein Lieblings-Rollenspiel auf der Xbox360 ... bis Fallout 3 kam.

Die alten Fallouts, die Ende der 90'er nur auf dem PC erschienen habe ich nie gespielt. Ich wußte zwar dass sie bei Kennern ziemlich beliebt waren, mein Interesse daran hielt sich dennoch in Grenzen. Auf Fallout 3 hingegen war ich trotzdem gespannt, denn dieses Mal saßen nicht mehr die ursprünglichen Entwicklern von 'Black Isle' dran sondern die Mannen von "Bethesda Softworks". Die hatten mit Morrowind und Oblivion bewiesen, dass West-RPGs ohne große Abstriche auf Konsolen machbar sind und sogar (mir) Spaß machen können. Und Spaß, den hatte ich mich Fallout 3, oh ja ... den hatte ich.

 

 
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Anders als im Genre üblich spielt Fallout 3 in keinem weit entfernten Fantasy-Land, wo sich Elfen und Orks die Klinke in die Hand geben. Stattdessen tummelt man sich in den Vereinigten Staaten, rund um die Hauptstand Washington D.C. um genau zu sein. Allerdings befinden wir uns nicht in der Gegenwart, wir schreiben das Jahr 2276. Dazu ist das Wetter draußen ein wenig "ungemütlich"... denn ein Atomkrieg hat die Welt vor langer Zeit in Schutt und Asche gelegt. Man selbst hat es sich in einem Bunker bequem gemacht, wo es zwar relativ sicher ist, aber auch ein bischen langweilig. Dann passiert jedoch was Unvorhergesehenes: der eigene Paps macht sich ohne ein Wort zu sagen aus dem Staub. Die einzige Lösung in dem Fall lautet "Raus aus dem Bunker!" und nix wie hinterher...

Trotz der ganzen "Wo ist mein Papa?"-Chose ist die Story nicht der Dreh- und Angelpunkt von Fallout 3. Wenn man will kann man der Geschichte zwar stur folgen und sich vom Ablauf her auf's Nötigste beschränken, doch dann verpasst man den wahren Reiz des Spieles. Sobald man den Bunker verlassen hat eröffnet sich einem nämlich ein großer, post-apokalyptischer Spielplatz. Man kann hingegen wo mal will, machen was man will, ja, sogar erschiessen wen man will. Heutzutage nennt man sowas 'Open World', ist aber eigentlich bei West-Rollenspielen eine seit Jahrzehnten gern-benutze Formel. Verglichen mit anderen 'Open World'-Titeln legt Fallout 3 die Meßlatte in Dingen Freiheit und Spielgestaltung aber um ein ganzes Stück höher. Ob man als radioaktiver Jesus die Botschaft des Guten verbreitet oder lieber massen-mordend durch die Lande zieht, selten konnte man sich so frei entfalten wie in diesem Spiel hier.

Auf den ersten Blick mag der Atomkrieg keinen Stein auf dem anderen gelassen zu haben, aber Washington D.C. ist eigentlich immer noch ein recht belebtes Örtchen. Überall haben sich die verschiedensten Siedlungen gebildet, kaltblütige "Raider" haben zerstörte Gebäude besetzt und Mutanten aller Art treiben sich herum. Unter diesen Umständen ist das tägliche Leben für die Einwohner natürlich alles andere als stressfrei. Viele werden mit ihren Problemen nicht alleine fertig und suchen tätige Mithilfe, die man ihnen nur zu gerne anbietet, sei es umsonst oder auch für den richtigen Preis.Unter den Aufträgen tummeln sich die üblichen Verdächtigen wie Beschaffungs-Quests oder Eskort-Missionen, aber auch kreative Aufgabenstellungen wie der Umgang mit einem immer noch aktiven Atomsprengkopf sind dabei. Bei der Lösung gilt es dann viele Entscheidungen zu treffen, die weitreichende Folgen haben können.

Die Mission mit dem Sprengkopf ist ein perfektes Beispiel dafür. Dieser befindet sich mitten in der Stadt 'Megaton', tickt fröhlich vor sich her und wird sogar von einem verrückten Kult als Gottheit verehrt. Der Sheriff würde das Ding jedoch lieber entschärfen lassen, damit die akute Gefahr endlich mal vorüber ist. Andererseits befindet sich ein geheimnisvoller Fremder in 'Megaton', der der die Stadt am liebsten von der Bildfläche verschwinden lassen würde. Rettet man nun 'Megaton' oder lässt man die Bombe explodieren? Satte Belohnung gegen Hunderte von Menschenleben? In welche Richtung man auch geht, man muss mit den Konsequenzen leben. Ist 'Megaton' dem Boden gleichgemacht, dann ist es auch weg, unwiederbringlich. Das heisst keine neuen Quests, keine frischen Plotlines, keine Händler... alles was man im Spiel macht hat seine Folgen, und das ist auch gut so.

Obwohl die Welt von Fallout 3 so massiv ist, merkt sich die Engine jede Kleinigkeit die man gemacht hat. Jedes geführte Gespräch wird notiert, jeder genommene Gegenstand verzeichnet, selbst die Überreste jedes einzelnen Gegners befindet sich an der Stelle, wo man ihn erledigt hat. Dies verleiht dem eigenen Handeln ordentlich Gewicht, was gepaart mit den vielen Variablen bei jedem Zocker für einen komplett anderen Spielablauf sorgt. Ist man der gute Samariter? Mimt man lieber den Teufel in Menschengestalt? Oder agiert man je Situation nach dem eigenen Gewissen? Ich habe mich schnell von den Vorgaben getrennt und einfach so gehandelt, wie es für mich als Richtig erschien, weil mir das Spiel so am meisten Spaß gemacht hat.

 

 
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Man kann sich natürlich auch ins eine oder andere Extrem drängen lassen, die Xbox360-Fassung spendiert einem sogar Achievements dafür, aber man muss es eben nicht. Das ist das Element was beispielsweise Mass Effect gefehlt hat: Dort konnte man zwar viele Entscheidungen treffen die auch Konsequenzen hatten, nur am Spielablauf änderte das kaum was. Die Geschichte variierte in Details, aber die Grundstruktur wurde nicht angetastet. Wenn Mass Effect ein Zug ist, bei dem man gelegentlich von einem Abteil ins Nächste wechselt, springt Fallout 3 von den Gleisen, fährt Richtung Antarktis und überfährt dabei auch noch den Papst... wenn man denn so will.

Um eine derart große und abwechslungsreiche Welt zu füllen wären viele Entwickler versucht, tief in die Klischeekiste zu greifen. Zum Glück konnte Fallout schon immer diese Falle clever umschiffen und nutzte jede Gelegenheit, um sich von den Genre-Kollegen abzuheben. Die hierbei verwendete Formel ist eigentlich recht simpel: Man schaffe eine stimmige Endzeit-Welt, lässt einen kräftigen Schuß Gesellschaftskritik einfließen und garniert das Ganze mit jeder Menge beißendem Sarkasmus. Fallout 3 knüpft dank pointierter Dialoge und cleverer Szenarien nicht nur nahtlos an die Vorgänger an, diesmal passt endlich auch mal die Grafik.

Dank der starken Oblivion-Engine und dem detaillierten Design fühlt es sich tatsächlich an, als ob man durch eine atomar-verseuchte Zukunft läuft. Seien es authentisch nachgebaute (und wieder zerstörte) Landmerkmale, viele coole Zitate aus Film & Literatur oder Seitenhiebe auf die Videogame-Konkurrenz, selten hat es in einem Spiel soviel Interessantes zu entdecken gegeben. Spätestens wenn man in der zerfallenen Innenstadt von Washington steht und tief am Horizont die Ruine des weißen Hauses auftaucht sollte klar sein, was ich meine.

Auch sehr passend ist die Musikuntermalung. Der eigentliche Soundtrack hält sich zwar dezent zurück und düdelt im Hintergrund mit, die meiste Zeit über lauscht man aber einem der vielen lokalen Radiosender. Die bieten von aktuellen Nachrichten über Propaganda bishin zu peppiger 50'er Jahre-Musik ein großes Spektrum und machen die Atmosphäre erst richtig rund. Dazu ist jede Dialogzeile vertont worden, in der englischen Fassung sogar teilweise von berühmten Schauspielern Marke Liam Neeson und Malcolm Mc Dowell.

Spielerisch hält sich Fallout 3 an das von Oblivion und Morrowind bekannte Schema, bringt aber wie man erwarten sollte ein paar Neuerungen mit sich. Auch wenn eine 3rd-Person Kamera zuschaltbar ist, man erlebt das gesamte Spiel aus der Ego-Perspektive. Egal ob man mit anderen Leuten redet, gerade vor Mutanten flüchtet oder in einem radioaktiv verseuchten Tümpel ein Bad nimmt, ständig schaut man durch die Augen seines Charakters. Dies bedeutet natürlich, dass auch die Kämpfe aus der gleichen Sicht bestritten werden. Da sie zusätzlich in Echtzeit ablaufen und viel von Schußwaffen Gebrauch gemacht wird könnte man glatt meinen, man hat einen Egoshooter vor sich. Letztenendes kann man Fallout 3 auch wie einen Shooter spielen, muss es zur Freude jedes Rollenspielers mit verkalkten Reflexen aber nicht.

Die Lösung nennt sich V.A.T.S. und ist ein System, welches das Kampfgeschehen jederzeit per Knopfdruck anhalten kann. Statt panisch nach der richtigen Position zu suchen kann man nun in Ruhe alle Körperteile der sichtbaren Gegner einzeln ins Visier nehmen und je nach Trefferwarscheinlichkeit abwägen, wie man sie am effektvisten ausschalten kann. Auf den ersten Blick wirkt's noch etwas ungewöhnlich, schnell hat man sich aber dran gewöhnt und nimmt die Gegnerschaft mit der Präzision eines Chirurgen auseinander... moment, streicht "Chirurg" und macht lieber "Metzger" draus. Anscheinend sind Menschen wie auch Tiere in Fallout 3 aus Wackelpudding gebaut und explodieren selbst bei kleinsten Einschlägen in einer Fontäne aus Blut und Fleischklumpen. Das passt zwar 'irgendwie' zum harschen Endzeit-Setting, wer einen schwachen Magen hat greift aber lieber zur gekürtzen deutschen Fassung,

 

 
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Ich könnte mich jetzt noch stundenlang über all die klugen Features und cleveren Ideen des Spieles auslassen, im Endeffekt würde dies nichts an meinem Gesamturteil ändern. Nur selten hat mich ein Rollenspiel derart in den Bann gezogen wie Fallout 3, oft habe ich mich Freitags auf die Couch gesetzt und musste beim nächsten Blick auf die Uhr erschrecken feststellen, dass schon Montag war. Natürlich ist Fallout 3 nicht bis ins jede Detail perfekt, hier und da schleichen sich Bugs ein, die Eigenheiten der KI nerven manchmal und die Levelgrenze von 20 Stufen geht gegen Ende auf die Motivation, aber dies lässt sich angesichts der vielen positiven Dinge locker verschmerzen.

Was mich persönlich am meisten fasziniert hat ist um wieviel mehr Spaß mir Fallout 3 verglichen mit Oblivion gemacht hat. Wenn man es ganz genau betrachtet ist Fallout nämlich nicht viel mehr als eine groß-angelegte Mod, flux wurden Texturen sowie Story ausgetauscht und kleine Anpassungen gemacht, fertig war Oblivion: Endzeit-Edition, sozusagen . Letztenendes liegt der Teufel aber im Detail, denn beinahe alles was mir am Original mißfallen hat wurde hier Konsequent ausgebügelt: Spielt Oblivion in einer lahmen Fantasy-Welt, macht Fallout ein frisches Endzeit-Setting draus. Nervt Oblivion mit zufallsgenerierten und ewig gleichen Dungeons, variiert Fallout mit handgefertigten Locations. Macht das Kämpfen in Oblivion wenig Laune, ballert man sich in Fallout mit Freuden durch die Mutantenhorden.

Ich konnte auf der Games Convention 2008 ein Interview mit Pete Hines, dem Vizepräsidenten von Bethesda führen. Ich habe ihn solche Dinge gefragt wie ob Fallout überhaupt aus dem Schatten von Oblivion treten kann, ob wir wegen des geplanten Downloadcontents überhaupt ein komplettes Spiel zum Launch bekommen, sogar ob es so stark verbuggt wie Oblivion sein wird. Ich Nachhinein tut es mir ein wenig Leid, dass ich ihn so in die Mangel genommen habe, denn Fallout 3 ist wirklich ein exzellentes Spiel geworden. Jeder, der auch nur bedingt Interesse am RPG-Genre hat sollte zumindest mal probezocken, spätestens dann kann man nicht mehr die Finger davon lassen. Für mich trotz Grand Theft Auto 4 und Metal Gear Solid 4 das beste Spiel des Jahres 2008.

  Fazit : Fallout 3 ist so ziemlich eines der besten West-RPGs, die ich je gezockt habe. Das Endzeit-Setting ist der Hammer, das Gameplay funktioniert tadellos und die negativen Eigenschaften halten sich stark in Grenzen. Dazu ist es so umfangreich, dass man Hunderte von Stunden zocken kann, wenn man denn so will. Für mich das Spiel des Jahres 2008, eindeutig!
 

 
 

 
Grafik       

Sound      

Spielspaß