Eine Wolke zog vor den Nachtmond und verdeckte ihn nahezu vollständig. Hinter sich hörte Katalina einige Gesprächsfetzen, die mit Angst gespickt waren.
Ja, auch ihr war aufgefallen, dass die Kinder hier immer weniger wurden, aber was dahinter stecken könnte... tja, darüber hatte sie nie nachgedacht. Jetzt erst wurde ihr klar, dass sie mit sich selbst genug zu tun hatte. Warum wollte sie niemand, ganz gleich ob es Erwachsene sind, die ein Kind adoptieren wollen oder ob es Kinder sind, die sie nicht beachteten, sie nicht in ihren Gruppen haben wollten, sie nicht einmal ansprachen oder mit ihr sonstwie Kontakt suchten? Lag es an ihr? Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, hielt sie schon - von den anderen Kindern unbemerkt - die Spiegelscherbe in der Hand und betrachtete sich darin. Es schien, als würde sie in ihrem Gesicht schier endlose Leere sehen, das Nichts. Nichts. So viel hielt sie selbst von sich, wie all die anderen auch. Mit ihrem Daumen rieb sie einige Blutreste von der Spiegelscherbe. Sie seuftzte und ließ die Scherbe in ihrer Tasche verschwinden, wandte sich den anderen zu und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, durch deren Fenster sie die Nacht beobachtet hatte... und gab sich einen Ruck.
Sie schritt an einigen der anderen vorbei, auf die Türe des Zimmers zu. Die Türe, deren Schlüsselloch und Bodenspalt abgedeckt war, um das Licht hier im Zimmer nicht zu verraten. Katalina war es leid, ständig auf etwas besseres warten zu müssen... es würde ja doch nicht eintreten. Warum also Zeit mit Warten verschwenden, wenn sie doch einfach nach dieser Besserung greifen könnte, indem sie diese Zimmertüre öffnen und nachsehen würde? Und so bewegte sich ihre Hand - wenn auch zägerlich - auf die Klinke der Tür zu...
_________________ Der einzige Held, der dich aus tiefster Finsternis erretten kann, wohnt in dir selbst.
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