RPG-Maker Quartier

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Citizen Nerd
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 Betreff des Beitrags: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Sa Apr 21, 2012 0:52 
Wie wär's zur Abwechslung mal mit ein paar guten Gedichten? Ich fang mal mit Enzensberger an:
Hans Magnus Enzensberger (1957): Ins Lesebuch für die Oberstufe / hat geschrieben:
Lies keine Oden, mein Sohn, lies die Fahrpläne:
sie sind genauer. Roll die Seekarten auf,
eh es zu spät ist. Sei wachsam, sing nicht.
Der Tag kommt, wo sie wieder Listen ans Tor
schlagen und malen den Neinsagern auf die Brust
Zinken. Lern unerkannt gehn, lern mehr als ich:
das Viertel wechseln, den Paß, das Gesicht.
Versteh dich auf den kleinen Verrat,
die tägliche schmutzige Rettung. Nützlich
sind die Enzykliken zum Feueranzünden,
die Manifeste: Butter einzuwickeln und Salz
für die Wehrlosen. Wut und Geduld sind nötig,
in die Lungen der Macht zu blasen
den feinen tödlichen Staub, gemahlen
von denen, die viel gelernt haben,
die genau sind, von Dir.

Die rhythmische Zuspitzung am Ende hat der doch wirklich schön hinbekommen.


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Citizen Nerd
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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Sa Apr 21, 2012 19:05 
Rilke konnte ich nie wirklich leiden. Er ist schon verdammt gut, aber mir gefällt sein Ton meistens nicht.

Nietzsches Prosa gefällt mir in der Regel besser als seine Lyrik; hier mal der Anfang von "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben":
Zitat:
Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig.

Das ist wie Lyrik gearbeitet. Jede Silbe sitzt.

Hier mal was ganz anderes:
Pablo Neruda (1935): Melancholie in den Familien / hat geschrieben:
Ich bewahre eine blaue Flasche auf
und in ihr ein Ohr und ein Bildnis:
wenn die Nacht das Gefieder
der Eule treibt,
wenn der heisere Kirschbaum
sich die Lippen zerfetzt und mit Rinden
droht, die der Seewind oftmals durchlöchert,
so weiß ich, daß es große versunkene Regionen gibt,
Barren von Quarz
Schlamm,
blaue Wasser für eine Schlacht,
viel Schweigen, viele
Flöze geologischen Alters und Adern von Kampfer
heruntergefallene Dinge, Medaillen, Zärtlichkeiten,
Fallschirme, Küsse.

Nichts als der Schritt eines Tages zum andern ist,
eine eine einsame Flasche, die durch die Meere wandert,
und ein Speisezimmer, wohin Rosen gelangen,
ein Speisezimmer, übriggelassen
wie eine Gräte: ich rede
von einem zersprungenen Trinkglas, von einer Gardine, von der Tiefe
eines verödeten Zimmers, durch das ein Fluß strömt,
der die Steine mit sich reißt. Es ist ein Haus,
das auf den Grundfesten des Regens steht,
ein zweistöckiges Haus mit obligaten Fenstern
und Ranken von unbedingter Treue.

Ich gehe durch die Abende, ich trete ein,
voll von Schmerz und Tod,
das Erdreich mit mir schleifend, seine Wurzeln
und seinen unbegrenzten Bauch, in dem Leichen
schlafen bei Korn,
Metalle, herabgestürzte Elefanten.

Aber vor allem ist da ein schreckliches,
ein schrecklich verödetes Speisezimmer
mit zersprungenen Ölkrügen
und Essig, der unter den Stühlen rinnt,
ein eingefangenen Strahl des Mondes,
etwas Dunklem, und ich suche
in mir nach einem Vergleich:
vielleicht ist es ein Laden, ganz von Meer umringt,
und Salzbrühe trieft aus zerschlissenen Kleidern.

Es ist nur ein verödetes Speisezimmer
und ringsherum sind endlos Weiten,
überschwemmte Fabrikhallen, Hölzer,
die ich allein kenne,
weil ich traurig bin und unterwegs
und die Erde kenne und ich traurig bin.

Und Brecht:
Bertolt Brecht (1917): Von einem Maler / hat geschrieben:
Neher Cass reitet auf dem Dromedar durch die Sandwüste und malt
mit Wasserfarben eine grüne Dattelpalme.
(Unter schwerem Maschinengewehrfeuer.)

Es ist Krieg. Der furchtbare Himmel ist blauer als sonst.
Mancher fällt tot in das Sumpfgras.
Man kann braune Männer tot schießen. Abends kann man sie malen.
Sie haben oft merkwürdige Hände.

Neher Cass malt den bleichen Himmel über dem Ganges im Frühwind.
Sieben Kulis halten seine Leinwand;
vierzehn Kulis halten Neher Cass, der getrunken hat
weil der Himmel schön ist.

Neher Cass schläft nachts auf den Steinen und flucht, weil sie hart sind.
Aber er findet auch das schön. (Das Fluchen inbegriffen.)
Er würde es gern malen.
Neher Cass malt den violetten Himmel über Petschawar weiß:
weil er kein Blau mehr in der Tube hat.
Ihn frißt langsam die Sonne. Seine Seele verklärt sich. Neher Cas malt immerdar.

Auf der See von Ceylon nach Port Said malt er
auf die Innenwand des alten Segelschiffes
sein bestes Bild mit drei Farben, beim Licht zweier Luken.
Dann ging das Schiff unter, er rettet sich.
Auf das Bild ist Cass stolz. Es war unverkäuflich.


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Sayjaman
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Wohnort: Das Schleimkönigreich
 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Di Aug 28, 2012 23:45 
Ich liebe Gedichte schreibe auch privat welche.....

Hmmmm........
Mir fällt auf die schnelle nix ein :P

_________________
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There´s One Thing, That This World Needs More Than Food For Children, And Thats Missiles. Missiles For Kids. Donate Everything You Can So We Can Put A Missles In The Hand Of Every Child In The World.

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Yoji
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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Mi Aug 29, 2012 2:12 
Dieser Thread erinnert mich irgendwie an diesen.

Rilke war auch nie mein Favorit, aber hier hat er mal einen fesselnden Ton getroffen:

Rilke – Herbst hat geschrieben:
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.


Von den Expressionisten finde ich Gustav Sack am interessantesten. Seine Lyrik erscheint mir zumindest nicht so blutarm wie die seiner Zeitgenossen. Düster, wütend, leidend, fatalistisch.

Gustav Sack – Das Leben hat geschrieben:
1.

Ich rief dich nicht, du zerrtest mich hervor
aus meines Nichtseins tiefer Seligkeit
in diese qualgedehnte Spanne Zeit
und hämmertest mir stündlich dann ins Ohr:

»Das Sein, in das ich dich heraufbeschwor,
sieh, es ist nichts; ein Knäul von Widerstreit
endend im Tod; und Unerkennbarkeit
ist deiner Weisheit Schluß: zeuch fort, du Tor!« -

Ich rief dich nicht, doch gabst du mir die Kraft
zum Fluch, so fluch ich dir: vermaledeit
in Grund sei jener lustverbrämte Saft

und süße Höllenschaum, der, todgefeit,
des Lebens Ringe ewig weiter trägt
und blutige Ketten um die Erde schlägt,

2.

verflucht - - doch fluch ihm nicht: es flucht durch dich;
und lieb es nicht: das sich in dir nur wieder
liebt wie in jeder Rose, jedem Flieder,
ob auch ein Wurm sich in die Blüte schlich.

Denn was du tust, das tut das Leben sich,
es singt in dir eins seiner bunten Lieder,
wenn es durch tausend Skalen auf und nieder
streicht seinen ungeheuren Geigenstrich.

Drum fluch ihm nicht und laß es nur geschehn,
daß jeder neue Morgen dich erneut,
und laß dich treiben, wie die Wolken wehn,

in wolkenhoher Unbekümmertheit.
Flieg! Flieg! der Gipfel ist schon festgestellt,
der deinen Flug zerbricht und dich zerschellt.

_________________
He who binds to himself a joy
Does the winged life destroy
But he who kisses the joy as it flies
Lives in eternity’s sun rise

(Eternity, William Blake)


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Di Nov 06, 2012 17:38 
Ludwig Rubiner (1913): Gold

Fred wird in einem braunen Tabakballen
Vom Hafen auf die Zollstation getragen.
Dort schläft er, bis die Schiffsuhr zwölf geschlagen.
Erwacht und schleicht sich in die Lagerhallen.

Am Gold-Depot, wo trunkne Wächter lallen,
Läßt er den kleinen Mörtelfresser nagen,
Bis wie beim Kartenhaus die Mauern fallen.
Dann lädt er Gold in einen Grünkohlwagen.

Als Bauer fährt er sächselnd durch den Zoll.
Doch dort verraten ihn zwei blanke Barren.
Berittne jagen den Gemüsekarren.

Fred sinnt verwirrt, wie er sich retten soll.
Da sitzt der Freund in hoher Eberesche
Und schießt ihm pfeiferauchend eine Bresche.


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Yoji
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Wohnort: Cyberspace
 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Mi Nov 07, 2012 20:05 
Zitat:
Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern.

Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.

Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft!

Und der Sklave sprach: Ich heisse
Mohamet, ich bin aus Yemmen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.


Heinrich Heine: Der Asra

Zitat:
Up from Earth's Centre through the Seventh Gate
rose, and on the Throne of Saturn sate;
And many a Knot unravel'd by the Road;
But not the Master-knot of Human Fate.


Ibn Sina, wird aber oft Omar Khayyam zugeschrieben.

_________________
KNOW YOUR LIMITS. THEN PASS THEM.


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Yoji
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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Do Nov 08, 2012 1:00 
[youtube]g2cgcx-GJTQ[/youtube]

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Lives in eternity’s sun rise

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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Sa Nov 24, 2012 2:35 
William Carlos Williams: Death the Barber

Of death
the barber
the barber
talked to me

cutting my
life with
sleep to trim
my hair -

It's just
a moment
he said, we die
every night -

And of
the newest
ways to grow
hair on

bald death -
I told him
of the quartz
lamp

and of old men
with third
sets of teeth
to the cue

of an old man
who said
at the door -
Sunshine today!

for which
death shaves
him twice
a week


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Mo Jun 23, 2014 19:33 
Clemens J. Setz: Die Nordsee

Die Kleine Hexe Bibi Blocksberg
hat einen Bruder
mit Namen Boris.

Doch nur bis Folge 9, dort
zieht er zu den Großeltern
an die Nordsee.

Als Grund wird genannt, dass er Husten hat
und die frische Seeluft ihm guttun wird.
Er taucht daraufhin nie wieder auf.

Und auch zu Weihnachten und zu Ostern
denkt die Familie
nicht mehr an ihn.

_________________
I want to believe
just keep counting the stars
like someday you'll find out
just how many there are
and we all can go home
'cause there's nothing as sad
as a man on his back
counting stars


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Gnu-Hirte
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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Mi Jun 25, 2014 13:49 
lachte herzlich!


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Citizen Nerd
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 Betreff des Beitrags: Re: Ein paar Gedichte
BeitragVerfasst: Mi Jun 25, 2014 18:23 
Ich verzweifle nicht über dieses Gedicht, kann aber auch nicht jauchzen oder jubeln. Ich beglückwünsche mich, es gelesen zu haben. Ich bin zwar nicht freudebrausend hingerissen, aber auch nicht geistig umnachtet. Michelle Obama behauptet, ich jauchzte. Sie küsst die Geburtsurkunde von Farmer Fran, auf der nur "F'tang" zu lesen ist.


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